Milde Massnahmen werfen schwierige Fragen auf

Gianluca Pardini, Geschäftsleitung IG Kultur Luzern

Wir alle träumen von einem Kultursommer. Denn seit einem Jahr fehlen Begegnungen, Räume, Austausch und Publikum. Die Kulturbranche muss sich nun mit Fragen zur künftigen Einlasspolitik auseinandersetzen – nicht zuletzt, um Planung wieder möglich zu machen.

Das Virus bestimmt nun schon seit einem Jahr das gesellschaftliche Tempo. Und somit auch die möglicherweise anstehenden Lockerungen des Kulturlebens. Trotzdem ist es nun wichtig, Strategien und Szenarien zu skizzieren, wie mögliche Lockerungen des Kulturbetriebs aussehen könnten. Dies nicht nur, damit Festivalleitungen, Veranstalterinnen, Kulturschaffende und die Kulturbetriebe einen Planungshorizont aufbauen können, sondern auch, damit wir uns möglichst früh mit Szenarien auseinandersetzen können – auch wenn diese auf den ersten Blick dystopisch scheinen.

Denn die Signale aus der Debatte des Nationalrats in der vergangenen Frühlingssession sind mehr als deutlich. Künftig muss der Bundesrat nun seine Strategie auf «die mildest- und kürzestmögliche Einschränkung des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens» ausrichten. Dies könnte durchaus eine schnellere als derzeit erwartete Wiederaufnahme des Kulturbetriebs bedeuten. Das Parlament will zudem, dass Bund und Kantone sämtliche Möglichkeiten von Schutzkonzepten, von Test- und Impfstrategien sowie der Kontaktverfolgung ausschöpfen, bevor Schliessungen beschlossen werden. Haben wir also diese Dystopie als neue Realität bereits anerkannt? Wird das Vorweisen eines negativen Testresultats für den Theaterbesuch unumgänglich? Lassen wir uns damit auf einen Kulturbetrieb für eine Zweiklassengesellschaft ein? Es sind schwierige Fragen, auf die es kaum eine einigende Lösung geben wird. Trotzdem muss sich die Kulturbranche der Verantwortung bewusst sein, wenn sie nach Antworten und Lösungswegen sucht. Denn diese braucht es in jedem Fall schon bald.

Wenn wir uns die Erfahrungen vom letzten Jahr nochmals vor Augen führen, so ist bei der Wiedereröffnung von Kulturbetrieben wohl wiederum ein kantonaler Flickenteppich von Massnahmen zu erwarten. Umso dringlicher müssen die Kantone Wege finden, wie die stufenweise Lockerung mit einem längerfristigen Planungshorizont für die Kultur vereinbart werden kann. Eine weitere Herausforderung wird sein, dass mit den Lockerungsschritten kein «Wiedereröffnungszwang» einhergeht und somit keine Konflikte mit den Unterstützungsmassnahmen entstehen. Denn für viele Kulturbetriebe wird eine restriktive Teilöffnung nach einem Krisenjahr wirtschaftlich kaum tragbar sein. Neben den Antworten, welche die Kulturbetriebe gemeinsam betreffend die künftige Einlasspolitik liefern müssen, dürften also noch viele weitere offene Fragen auf uns zukommen.