Bilanz und Perspektiven

Gianluca Pardini | Geschäftsleitung IG Kultur Luzern

Die Pandemie hat den Kultursektor stark getroffen. Zu diesem Schluss kommt die kĂĽrzlich veröffentlichte Taschenstatistik des Bundesamts fĂĽr Kultur. Obschon erste Anzeichen auf eine Erholung hindeuten: Die weitreichenden Auswirkungen der Krise auf das Kulturangebot und das kulturelle Leben sind deutlich sicht- und spĂĽrbar. Wie viel von diesen Erkenntnissen wird in der neuen Kulturbotschaft des Bundes verankert? 

Die Covid-19-Krise hat schonungslos gezeigt, mit welchen finanziellen Herausforderungen das Kulturschaffen in vielen Bereichen verbunden ist. Dabei wurde nicht nur die teils ungenĂĽgende finanzielle Absicherung von Kunst- und Kulturschaffenden zu Tage gebracht, sondern die starke Vernetzung der Kulturbranche und die Abhängigkeit von Kultur in anderen Branchen verdeutlicht. Dank intensivem und unermĂĽdlichem Einsatz, unter anderem auch von Kulturorganisationen und Interessenvertretungen, wurden im FrĂĽhjahr 2020 erste Massnahmenpakete zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen erlassen. In den Jahren 2020 und 2021 haben Bund und Kantone zusammen mehr als eine halbe Milliarde Franken ausbezahlt. Der grösste Teil der Ausgaben entfiel dabei auf Beiträge fĂĽr Ausfallentschädigungen aufgrund der Gesundheitsmassnahmen. Tatsächlich dĂĽrfte die UnterstĂĽtzung um einiges höher gewesen sein, denn es wurden im Laufe der Pandemie weitere UnterstĂĽtzungsmassnahmen beschlossen: Der Bund hat allein im Jahr 2021 rund 4,2 Milliarden Franken fĂĽr kantonale Härtefallmassnahmen und 4,3 Milliarden fĂĽr Kurzarbeitsentschädigung ausgegeben. Diese Ausgaben wurden ebenfalls von Kulturinstitutionen in Anspruch genommen.

Publikumserhebung notwendig

Die UnterstĂĽtzungsmassnahmen haben sich fĂĽr den Kultursektor als ĂĽberlebensnotwendig erwiesen. Gerade auch, da weiterhin Nachwehen der Krise spĂĽrbar sind. Viele Kulturbetriebe stellen einen PublikumsrĂĽckgang fest und auch Festivals erreichen häufig nicht mehr die gewohnten Besucher:innenzahlen. Diese Erkenntnisse wurden bereits durch drei Erhebungen von L’Œil du Public im Auftrag des Bundesamts fĂĽr Kultur und der Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektion erhärtet. So gaben im Juni 2021 in der repräsentativen Befragung 30 Prozent der Bevölkerung an, sie seien bereit, ihre Kulturbesuche «ohne weitere Bedenken» wieder aufzunehmen. Bisher haben Bund und Kantone die Kulturbetriebe mit Transformationsbeiträgen in der Höhe von 57,9 Millionen Franken unterstĂĽtzt. Diese Projekte verfolgen das Ziel, neues Publikum zu gewinnen und strukturelle Neuausrichtungen zu unterstĂĽtzen – die Mittel dĂĽrften allerdings wohl auch dafĂĽr eingesetzt werden, «altes» Publikum wiederzugewinnen. Der Bund und die Kantone werden die TransformationsbemĂĽhungen vorerst bis Oktober 2023 unterstĂĽtzen. Das Bundesamt fĂĽr Kultur hat zudem in Zusammenarbeit beschlossen, eine Bestandesaufnahme zum Publikumsverhalten vorzunehmen – die Ergebnisse dĂĽrften in der Frage ĂĽber die Publikums(rĂĽck)gewinnung Aufschluss geben.

Pandemie beschleunigt Wandel

Als weitere wichtige Erkenntnis aus der Krise wird die verstärkte Zusammenarbeit zwischen Behörden, Staat und Kulturbranche gesehen. Diese Zusammenarbeit soll nun in der neuen Kulturstrategie des Bundes f[rm1] ĂĽr die Jahre 2025 bis 2028 gar als Schwerpunkt definiert werden. Damit wird die Anerkennung des Kultursektors als systemrelevanter Wirtschaftszweig weiter gestärkt. Auch wenn diese Entwicklungen zu begrĂĽssen sind, muss nun endlich auch eine zukunftsweisende und nachhaltige Verbesserung der Rahmenbedingungen im Kulturschaffen angepackt werden. Denn die Pandemie hat die prekäre Lage aufgrund der weit verbreiteten atypischen Arbeitssituationen verschärft, in denen sich Kunst- und Kulturschaffende vor allem aus der Musikszene sowie den darstellenden und bildenden KĂĽnsten befinden.

Wir bleiben gespannt, wie viel von diesen Erkenntnissen in der nächsten Kulturbotschaft Eingang findet. Es besteht jedoch kein Zweifel, dass die Rahmenbedingungen vor allem in den Gemeinden und Kantonen verändert werden mĂĽssen.